Rede zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters

Luises Rede vom 15.04.2021 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich habe ein Dejà-Vue. Vor ziemlich genau zwei Jahren haben wir hier das zweite Datenaustauschverbesserungsgesetz diskutiert. Das enthielt damals schon viele sehr bedenkliche Änderungen. Nach dem Motto: viele Daten, aber kein Schutz! Dieses zwei Jahre alte Gesetz ist noch nicht evaluiert und schon wird die dritte Novelle für das Ausländerzentralregister vorgelegt.

Ich könnte dieselben Fragen von damals heute wieder stellen. Ich finde es unfassbar, dass es die Bundesregierung scheinbar gar nicht interessiert, ob das alte Gesetz überhaupt Wirkung entfaltet hat oder ob die massiven Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht vielleicht doch nicht gerechtfertigt sind.

Es geht bei diesem Gesetzentwurf um das Ausländerzentralregister – eines der größten Register der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Über 11 Millionen Menschen sind dort erfasst, über 26 Millionen persönliche Datensätze. Zugreifen dürfen 14.000 Behörden. Trotz der erheblichen Ausweitung von Zugriffs- und Nutzungsrechten findet sich auch in diesem Entwurf keine Regelung, die dem Schutz der Betroffenen und ihrer Daten dient. Im Gegenteil, Betroffene werden datenschutzrechtlich weiter zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

Es soll nun nach dem Willen der Bundesregierung die „ausländische Personenstandsziffer“ gespeichert werden. Diese Nummer ermöglicht die Erschließung von zahlreichen Datenbeständen im Herkunftsland. Es besteht das Risiko, dass ohne Wissen oder Einwilligung der Betroffenen Daten aus dem Ausland erhoben oder dorthin übermittelt werden.

Gemäß der Datenschutzgrundverordnung ist die Verwendung solcher Ziffern nur „unter Wahrung geeigneter Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person“ zulässig. Derartige Schutzvorkehrungen sieht der vorliegende Entwurf aber nicht vor.

Deswegen hat auch der Datenschutzbeauftrage der Bundesregierung Bauchschmerzen mit der Speicherung der ausländischen Personenstandsziffer im AZR. Das geht aus der Antwort auf unsere kleine Anfrage zu dem vorliegenden Gesetzentwurf hervor. Daraus geht ebenfalls hervor, dass die Bundesregierung diese Bedenken einfach vom Tisch gewischt hat und zwar ohne Argumente. Wozu haben Sie einen Bundesdatenschutzbeauftragten, wenn Sie ihn bei solchen Fragen kategorisch ignorieren?!

Das AZR wirft ohnehin schon an vielen Stellen rechtsstaatliche Fragen auf. Es ist eher von Chaos denn von validen Daten geprägt. Dass nun auch noch Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in dieses Datenchaos aufgenommen werden sollen, halten wir für höchst problematisch.

Es handelt sich bei BAMF-Bescheiden um Dokumente mit äußerst sensiblen Daten, in denen Fluchtgründe und Einzelheiten zur Verfolgungssituation enthalten sind. Nicht zuletzt durch den großen Kreis der Zugriffsberechtigten besteht die Gefahr, dass diese Daten missbraucht werden oder an Unbefugte – schlimmstenfalls an Behörden des Verfolgerstaates – gelangen und möglicherweise auch Angehörige in den Fokus geraten.

Dieses verheerende Risiko nimmt die Bundesregierung bewusst in Kauf und das, obwohl es keinen nachvollziehbaren Anlass für die Speicherung der BAMF-Bescheide gibt.  

Die drei Grundprinzipien der Datenverarbeitung sind: die Zweckbindung, das Transparenzgebot  und vor allem die Datenminimierung. Von diesen Grundprinzipien verabschiedet sich die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf endgültig. Wir werden ihn ablehnen.