Zur Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Aufnahmezusagen einhalten – Schutz für gefährdete Afghaninnen und Afghanen jetzt garantieren
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Abgeordnete Luise Amtsberg.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Die hat ja schon
gesprochen! – Markus Frohnmaier [AfD]: Die zweite Rede schon!)
Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Man kann nie genug sprechen. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte
für meine Fraktion noch mal fest, auch nach dieser Debatte: Es ist ein Unding, dass Menschen mit einer Aufnahmezusage vor Gerichte ziehen müssen, um diesen Wortbruch zu korrigieren,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Linken)
und es ist auch eine Katastrophe, dass Menschen jetzt erneut um ihr Leben bangen müssen. Dass Pakistan Menschen mit einer Aufnahmezusage aus Deutschland in den Terrorstaat Afghanistan zurückschiebt, das geht auf Ihr Konto, Herr Dobrindt; das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Warum ist das so?
(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist ein islamischer Staat!)
Mit der Ankündigung, Sie würden die Aufnahmeprogramme nicht mehr fortsetzen, sind Sie eben nicht nur den betroffenen Afghanen gegenüber wortbrüchig geworden, sondern auch gegenüber Pakistan.
Dass Menschen in Pakistan vorübergehend Zuflucht finden konnten, bevor sie hier aufgenommen werden, das war Ergebnis diplomatischer Verhandlungen. Das weiß ich aus eigener Anschauung. Und deshalb frage ich mich schon: Wie soll die Bundesrepublik in Zukunft außenpolitisch verbindlich und glaubhaft in der Welt auftreten, wenn ein Regierungswechsel reicht, um Versprechen zu brechen und rechtsstaatliche Grundsätze zu ignorieren?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Charlotte Antonia Neuhäuser [Die Linke])
Meine Kollegin Schahina Gambir hat es betont: Es handelt sich um Menschen, die unsere Soldatinnen und
Soldaten vor Ort geschützt und unterstützt haben, Menschen, die unserem militärischen Einsatz – weil das hier auch noch mal aufkam – in Afghanistan überhaupt erst einen Sinn gegeben haben, eine Perspektive; denn das waren Menschen, die sich eingebracht haben für ein freies, demokratisches Afghanistan. Das waren unsere Partner, und die lassen Sie jetzt im Stich. Das ist ein Unding.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und gestatten Sie mir diesen Blick zurück. Ich bin ja auch schon ein bisschen länger hier im Parlament und mit Afghanistan befasst, um das auch sagen zu können.
(Markus Frohnmaier [AfD]: Immer noch nicht verstanden!)
Die Afghanistan-Politik der Union war schon immer innenpolitisch getrieben. Sie waren es, die unter dem damaligen Innenminister Seehofer bewusst die Integration von Afghaninnen und Afghanen in Deutschland blockiert haben.
(Schahina Gambir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)
Es waren auch Sie, die von „sicheren Gebieten“ in Afghanistan gesprochen haben, um abschieben zu können. Es war die GroKo, die ohne Plan aus dem Land abgezogen ist und unsere Ortskräfte zurückgelassen hat – ohne Plan, Herr Hardt. Wir haben in unserer Regierung versucht, diese fatale
Politik zu korrigieren: ja, mit Aufnahmeprogrammen, unterschiedlichen Aufnahmeprogrammen. Aber wir haben zum Beispiel auch über die UN-Frauenrechtskonvention erreicht, dass die schweren Verletzungen von Frauenrechten durch die Taliban international strafrechtlich geahndet werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und um ehrlich zu sein: Mich überrascht es nicht, dass Sie wieder in alte Muster zurückfallen. Beschämen tut esmich trotzdem; denn Afghanistan steckt in einer humanitären Krise, in einer Menschenrechtskrise. Und deswegen kritisieren wir auch, dass die humanitäre Hilfe so stark gekürzt wird und im Haushaltsausschuss die Union beiunseren Forderungen nicht mitgegangen ist, diese Mittel
zu erhöhen, weil es jetzt gerade in einem Land wie Afghanistan mehr Engagement braucht und nicht weniger.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Maik Brückner [Die Linke])
Und um das noch mal deutlich zu betonen: Ja, die Taliban entrechten Frauen und Mädchen systematisch;
sie löschen das öffentliche Leben von Frauen in allen Bereichen aus. Und deshalb sollten wir auch nicht von der Regierung sprechen, sondern wenn, dann von der Defacto-Regierung; denn sie hat sich mit Gewalt an die Macht gebracht,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und keinesfalls hat sie irgendeine Legitimation. Und deshalb können wir auch nicht verstehen, dass Sie offenbar Vertreter dieses Terrorregimes für die konsularischen Tätigkeiten hier in Deutschland akkreditieren. Was es braucht, ist ein klarer Kurs gegen die Taliban –
Vizepräsidentin Josephine Ortleb: Kommen Sie bitte zum Ende.
Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
– und ein Einhalten der Versprechen, die wir gemacht haben gegenüber den Menschen, die uns geholfen haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN