Luises Rede könnt ihr im Video nachsehen:
Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unzählige Menschen im Südlibanon haben in den vergangenen Monaten zum Teil alles verloren. Häuser wurden zerbombt, Felder wurden verbrannt, ganze Dörfer liegen in Trümmern. Hunderte Menschen wurden getötet, zahlreiche verletzt. Über 1 Million Menschen – Herr Außenminister, Sie haben darauf hingewiesen – waren durch den Konflikt zeitweise binnenvertrieben.
Immer wieder ist es die Zivilbevölkerung, die unter den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah und den israelischen Streitkräften leidet. Die im November letzten Jahres herbeigeführte Waffenruhe ist äußerst brüchig, und wesentliche Umsetzungsschritte fehlen leider noch immer. Gerade in dieser Zeit ist das Mandat von UNIFIL mit einer starken deutschen Beteiligung von extrem großer Bedeutung für die Region als Stabilisierungsanker im Südlibanon, getragen auch durch die Bundeswehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Derya Türk-Nachbaur (SPD))
Heute leisten über 250 deutsche Soldatinnen und Soldaten Dienst in der Region, in einem schwierigen, aber auch – das muss man auch deutlich sagen – in einem gefährlichen Mandat: in erhöhter Alarmbereitschaft, im Einsatz für Frieden, Vermittlung und Deeskalation. Mit UNIFIL dokumentieren sie Verstöße gegen die Waffenruhe, vermitteln zwischen Konfliktparteien oft als einziger Kommunikationskanal und unterstützen die libanesische Armee dabei, die Waffenlager der Hisbollah aufzudecken und die Grenzen zu sichern. Ihnen allen, den Soldatinnen und Soldaten, gilt daher unser aufrichtiger Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus schafft die Mission durch ihren langjährigen konstanten Einsatz etwas, was weit über die militärische Präsenz hinausgeht – das sei an dieser Stelle auch ausdrücklich erwähnt -, nämlich Vertrauen. In einem Land, das viel zu lange in einem Machtvakuum steckte, in dem viele Institutionen über Jahre geschwächt oder gar nicht funktionsfähig waren, ist dieses Vertrauen in die internationale Präsenz von großem Wert.
Doch Stabilität – auch das muss man erwähnen – beruht auf klaren Regeln, und diese richten sich an alle Seiten. Die vom Iran unterstützte Hisbollah hat insbesondere nach dem unmenschlichen Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober, aber auch seitdem immer wieder Israel mit Raketen und Drohnen angegriffen. Gerade vor dem Hintergrund der massiven terroristischen Bedrohung ist es auch so wichtig, dass die libanesische Armee ihre Arbeit machen kann und im Südlibanon kontrolliert und Sicherheit herstellt. Auch hier ist die UNIFIL-Mission durch ihre Unterstützung bei der Ertüchtigung der libanesischen Streitkräfte von zentraler Bedeutung, auch und gerade für das berechtigte Sicherheitsinteresse Israels.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wichtig ist darüber hinaus, dass Israel die territoriale Integrität des Libanon respektieren und die Unversehrtheit von UN-Truppen gewährleisten muss. Die anhaltende Verletzung der Waffenruhe mit Luftangriffen und Bombardierungen, auch im Süden von Beirut, gefährden die Bevölkerung und auch die Aussicht auf einen Frieden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ziel muss die vollumfängliche Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates sein; denn ein Wiederaufflammen der militärischen Eskalation hätte gravierende Folgen für die Zivilbevölkerung im Libanon und in Israel.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Umso wichtiger ist es, mit der Verlängerung einer starken deutschen Beteiligung am UNIFIL-Mandat ein deutliches Zeichen zu setzen. Deutschland steht zu seiner Verantwortung in der Region und für eine regelbasierte internationale Ordnung, für Frieden und für Sicherheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, kurz nach Ihrem Regierungsantritt sei mir folgende Bemerkung gestattet: Was mich bei der Lektüre des Koalitionsvertrages irritiert und was ich wirklich vermisse, ist ein Bekenntnis zu genau dieser Rolle Deutschlands bei den internationalen UN-Missionen. Im Koalitionsvertrag findet sich kein einziges Wort zu internationaler Krisenprävention oder zu deutschen Auslandseinsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen. Ich glaube, in einer Welt wachsender Instabilität können wir uns diese Leerstelle nicht leisten und auch keine Zögerlichkeit. Und ich hoffe, dass Debatten wie diese dazu beitragen, ein bisschen mehr Einsicht in Ihre Pläne zu bekommen. Wir Grüne jedenfalls bekennen uns ganz klar zu den Vereinten Nationen und zu Deutschlands Verantwortung in der Welt.
Am Ende muss natürlich auch gesagt werden – Herr Außenminister, Sie haben darauf hingewiesen -: UNIFIL ersetzt keine politische Lösung, aber die Mission schafft den Raum dafür in einer Zeit, wo es genau darauf ankommt; denn ohne eine politische Lösung wird die Region nicht zur Ruhe kommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)